Zwei Zitate aus Texten über die Videoinstallation, die sich mit der Symbolik der Arbeit auseinandersetzen:
„Die Trias Auge, Fenster, Seele hängt innig miteinander zusammen. Was ich sehe, bestimmt meinen Horizont. Die Grenzen meiner Wahrnehmung sind die Grenzen meines Bewusstseins. Die Bilder, die ich sehe, prägen und erziehen, formieren und bestimmen mich in der einen oder anderen Weise, im guten wie im schlimmen Sinne. Wenn sie, wie so oft behauptet wird, schon als einzelnes mehr bewirken als 1000 Worte, wächst damit entsprechend proportional unsere Verantwortung für die Optik der Welt und ihrer Bilder.
...
Sylvia Henzes Werk „Window“ nimmt ihren Ausgang von einer ganz konkreten politischen Situation in Europa, deren Problematik sie vor Augen stellt, ohne indes dabei stehen zu bleiben. Dieses Weitergehen, dieses Transzendieren der politischen Situation und ihrer Problematik durch eine bewusst gewählte Form-sprache und durch die Evozierung von zusätzlichen Bedeutungsebenen, macht die Arbeit zur künstle-rischen. Zu den semantischen Ringen, die sich um Henzes Werk legen, gehören nicht nur Einsichten in die Natur und Verknüpfung von Wahrheit und Wahrnehmung, sondern auch die Öffnung eines Reflexions-raumes, der den Betrachter persönlich berührt, weil er mit dem Thema der Angst, Verunsicherung und Bedrohung zu tun hat.
...
Sicher hat die Thematik viel mit den Veränderungen in den sozialen und gesellschaftlichen Sicherungssystemen zu tun, die viele von uns schmerzhaft erfahren: so schmerzhaft, dass der Soziologe Ulrich Beck bereits von einer „Brasilianisierung des Westens“ spricht. Angst war schon immer ein Instrument der Herrschaftssicherung, ob in den Kriegen der Wirtschaft oder des Militärs. Ihr begegnen können wir nur, wenn wir ihre Ursachen erkennen. Nur dann werden wir keine Angst mehr vor der Angst haben. Werke wie die von Sylvia Henze helfen dabei.“
Michael Stoeber, Autor
„Das Fenster ist eine Öffnung, um Licht und Luft hereinzulassen. Das englische Wort Window entstammt dem altskandinavischen „vindauga“, einer Kombination von „vindr“ (Wind) und „auga“ – sozusagen „den Wind sehen“ – eine Metapher für die Offenheit des Geistes im Angesicht der Wahrheit. Das Verhältnis zwischen Auge und Linse findet sich auch auf der mentalen Ebene wieder: die Öffnung, der Spalt, der das Licht einlässt und das Bewusstsein bestimmt, die Aufnahme des Bildes und die Klarheit der Wahrnehmung. Öffnung bedeutet Licht, Tiefe und Schärfe – und Hoffnung. Ohne Licht ist die Wahrnehmung getrübt, steril, stagniert, stirbt ab, wird von der Dunkelheit verschlungen.
Sylvia Henzes „Window“ ist ein außergewöhnliches Fenster: Es öffnet und schließt sich nicht im Rhythmus der Tages- und Jahreszeiten. Es folgt weder den Ansprüchen der Bewohner, noch wurde es seit 1974 jemals repariert oder gestrichen. ... Das stille Drama diese Fensters und seines Rituals zeichnet nicht nur die Folgen fehlgeschlagener Diplomatie auf. Das Fenster verweist auch auf ihre Wurzeln. Geistige Gren-zen schufen Trennlinien und ließen sie Gestalt annehmen. So „verkrüppelt“ wie dieses Fenster ist der geistige Zustand, der uns in dunkle Sackgassen und die Ausweglosigkeit ungelöster Konflikte führt. Aus denen kommende Generationen verkrüppelt hervorgehen werden. ... Zwar öffnet sich das Tor zur ande-ren Seite. Und obwohl Menschen frei aber zurückhaltend die grüne Grenze überqueren, bleibt die Trenn-ung bestehen, ist das Fenster meist geschlossen.“
Kyras Tsimon, Autor, selbst Vertriebener auf Zypern.
Übersetzung: Ute Wörmann-Stylianou
„Die Trias Auge, Fenster, Seele hängt innig miteinander zusammen. Was ich sehe, bestimmt meinen Horizont. Die Grenzen meiner Wahrnehmung sind die Grenzen meines Bewusstseins. Die Bilder, die ich sehe, prägen und erziehen, formieren und bestimmen mich in der einen oder anderen Weise, im guten wie im schlimmen Sinne. Wenn sie, wie so oft behauptet wird, schon als einzelnes mehr bewirken als 1000 Worte, wächst damit entsprechend proportional unsere Verantwortung für die Optik der Welt und ihrer Bilder.
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Sylvia Henzes Werk „Window“ nimmt ihren Ausgang von einer ganz konkreten politischen Situation in Europa, deren Problematik sie vor Augen stellt, ohne indes dabei stehen zu bleiben. Dieses Weitergehen, dieses Transzendieren der politischen Situation und ihrer Problematik durch eine bewusst gewählte Form-sprache und durch die Evozierung von zusätzlichen Bedeutungsebenen, macht die Arbeit zur künstle-rischen. Zu den semantischen Ringen, die sich um Henzes Werk legen, gehören nicht nur Einsichten in die Natur und Verknüpfung von Wahrheit und Wahrnehmung, sondern auch die Öffnung eines Reflexions-raumes, der den Betrachter persönlich berührt, weil er mit dem Thema der Angst, Verunsicherung und Bedrohung zu tun hat.
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Sicher hat die Thematik viel mit den Veränderungen in den sozialen und gesellschaftlichen Sicherungssystemen zu tun, die viele von uns schmerzhaft erfahren: so schmerzhaft, dass der Soziologe Ulrich Beck bereits von einer „Brasilianisierung des Westens“ spricht. Angst war schon immer ein Instrument der Herrschaftssicherung, ob in den Kriegen der Wirtschaft oder des Militärs. Ihr begegnen können wir nur, wenn wir ihre Ursachen erkennen. Nur dann werden wir keine Angst mehr vor der Angst haben. Werke wie die von Sylvia Henze helfen dabei.“
Michael Stoeber, Autor
„Das Fenster ist eine Öffnung, um Licht und Luft hereinzulassen. Das englische Wort Window entstammt dem altskandinavischen „vindauga“, einer Kombination von „vindr“ (Wind) und „auga“ – sozusagen „den Wind sehen“ – eine Metapher für die Offenheit des Geistes im Angesicht der Wahrheit. Das Verhältnis zwischen Auge und Linse findet sich auch auf der mentalen Ebene wieder: die Öffnung, der Spalt, der das Licht einlässt und das Bewusstsein bestimmt, die Aufnahme des Bildes und die Klarheit der Wahrnehmung. Öffnung bedeutet Licht, Tiefe und Schärfe – und Hoffnung. Ohne Licht ist die Wahrnehmung getrübt, steril, stagniert, stirbt ab, wird von der Dunkelheit verschlungen.
Sylvia Henzes „Window“ ist ein außergewöhnliches Fenster: Es öffnet und schließt sich nicht im Rhythmus der Tages- und Jahreszeiten. Es folgt weder den Ansprüchen der Bewohner, noch wurde es seit 1974 jemals repariert oder gestrichen. ... Das stille Drama diese Fensters und seines Rituals zeichnet nicht nur die Folgen fehlgeschlagener Diplomatie auf. Das Fenster verweist auch auf ihre Wurzeln. Geistige Gren-zen schufen Trennlinien und ließen sie Gestalt annehmen. So „verkrüppelt“ wie dieses Fenster ist der geistige Zustand, der uns in dunkle Sackgassen und die Ausweglosigkeit ungelöster Konflikte führt. Aus denen kommende Generationen verkrüppelt hervorgehen werden. ... Zwar öffnet sich das Tor zur ande-ren Seite. Und obwohl Menschen frei aber zurückhaltend die grüne Grenze überqueren, bleibt die Trenn-ung bestehen, ist das Fenster meist geschlossen.“
Kyras Tsimon, Autor, selbst Vertriebener auf Zypern.
Übersetzung: Ute Wörmann-Stylianou



